Facebook schluckt Giphys

Animinierte kleine Bildchen sind im Internet ein Hit, obwohl die Technik asbachuralt ist. Nun hat sich Facebook die bekannteste Plattform für diese bewegten Memes unter den Nagel geriffen, nämlich Giphy. Von einem alten Format, das ziemlich trendy ist …

GIF (Graphics Interchange Format) ist ein Bildformat aus der Steinzeit des Internet. Schon in den 1980er-Jahren hat der damalige Netzwerkanbieter Compuserve (ich weiß bis heute meine Compuserve-Kennungsnummer auswändig — sonst noch wer?) dieses Format etabliert, um Bilder im Netz datenreduziert übertagen zu können. Der Trick war, die Farbpalette dafür auf 256 Farben zu reduzieren. Außerdem hatte das GIF-Format eine Eigenschaft, die es bis heute populär macht: In ein und derselben Datei konnten verschiedene Versionen eines Bildes gespeichert werden. Das ließ sich in einer Zeit, in der an Videoübertragung noch nicht zu denken war, nutzen, um wie im Daumenkino kleine Animationen netzfähig zu machen. So wurden die animierten GIFs geboren.

Die Plattform Giphy ist eine Art Suchmaschine für solche animierten kleinen Bilddateien. Dieser Dienst ist im Jahr 2013 von Jace Cooke und Alex Chung gegründet worden. Zwischenzeitlich sieht sich Giphy als „weltgrößte Bibliothek kostenloser GIFs, Aufkleber und Memes“. Die animierten Bilddateien, die sich über Giphy recherchieren lassen, können in Chat-Apps wie Facebook Messenger, Instagram, WhatsApp und Snapchat eingebunden werden. Geld verdient Giphy durch Branded Content, also durch von Firmen bezahle Inhalte.

Giphy und der „Branded Content“

Und genau dieser Branded Content ist der Clou von Giphy. Denn eigentlich ist jedes kleine animierte GIF eine Urheberrechtsverletzung. Meistens sind die kurzen Bild-/Video-Sequenzen nämlich aus Kinofilmen, Fernsehserien oder Cartoons gegrabbt und dann in die Schnipseldatei umgewandelt worden. Diesen Service bietet Giphy im übrigen seinen Usern auch an: Man kann kleine Videosequenzen hochladen und der Webdienst macht ein solches GIF daraus, das dann sofort auch in der eigenen Datenbank zu finden ist.

Wegen der großen Popularität sind Medienhäuser, Werbeindustrie und Marketingabteilungen nun dazu übergegangen, solche schlecht aussehenden kleinen Animationen selbst herzustellen und zu vertreiben bzw. über Giphy vertreiben zu lassen. Bento, die fast ebenso alt aussehende Junge-Leute-Plattform des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, schreibt dazu:

„Statt ihr Copyright mühsam gegen anonyme Teenager zu verteidigen, versorgen Konzerne wie Netflix oder Disney das Internet längst selbst mit gut teilbaren GIF-Schnipseln und steuern somit, wohin die Aufmerksamkeit wandert. Was einst wie Sticker gesammelt und auf Tumblr an Freunde weitergereicht wurde, steht heute wie die Postkarten auf der Kneipentoilette leicht zugänglich allen zur Verfügung“.

Im Jahr 2019 hatte die kleine Animation „And I ooop …“ der amerikanischen Dragqueen Jasmine Masters mehr als 419 Millionen Abrufe und war damit laut Giphy das am häufigsten abgerufene animierte GIF des Jahres 2019. Allein dass schon solche Ranglisten veröffentlicht werden, zeigt, auf welches Interesse dieses spezielle Bildformat inzwischen stößt.

 

via GIPHY

Der Fa. Facebook soll Giphy 500 Millionen Dollar wert gewesen sein. Daran lässt sich ablesen, wie wertvoll Facebook den GIF-Bilderdienst zu finden scheint. Schon ist die Funktion auf der Facebookseite eingebunden: Wer einen neuen Beitrag in seinem Newsfeed erstellt, der hat die Option, direkt auf ein animiertes GIF mit einzubinden. Noch interessanter ist Giphy vielleicht für Instagram, also die Fotoplattform, die ebenfalls bereits zum Facebook-Imperium gehört. Schon ist von einer Instagrammisierung von Giphy zu lesen. Vielleicht soll die Bilderdatenbank einfach nur neue User auf die übrigen Plattformen des Silicon-Valley-Konzerns spülen. Ein anderer Verdacht ist, dass womöglich kleine Werbesequenzen in die animierten GIFs integriert werden.

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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