TikTok: Gruß vom Großen Bruder

Die Video-App TikTok zählt bereits zu den drei beliebtesten Apps unter den sehr jungen Usern, den 10- bis 14-Jährigen. TikTok gerät aber gerade ins Gerede: Es sollen unerlaubt Daten abgeschöpft werden. Auch die Meinungsfreiheit könnte bei TikTok eingeschränkt sein.

Weltweit soll es bereits 800 Mio. registrierte User von TikTok geben, in Deutschland über 5 Mio., und die Zahl geht rasant nach oben. Selbst die seriöses Tagesschau hat mittlerweile einen Kanal auf TikTok eröffnet, wo sonst lustige kleine Videos, gespielte Witze oder Musikeinlagen zu sehen sind. Aber wer junge Leute erreichen will, muss heute auch auf TikTok sein.

Allerdings mehrt sich die Kritik an der App, die aus der Volksrepublik China stammt: Der Blog Netzpolitik.org hat darauf hingewiesen, dass auf der Plattform TikTok Videos von Menschen mit Behinderung oder von übergewichtigen oder queren Personen künstlich in der Reichweite begrenzt würden. Zudem wurde zwischenzeitlich ein vielfach abgerufenes Video gelöscht, in dem es um die Verfolgung muslimischer Figuren in China geht. Nachdem die Löschung ruchbar wurde, soll TikTok sich entschuldigt und das Video wieder verfügbar gemacht haben.

Die Süddeutsche hat den Datenverkehr gemessen, der von der App TikTok ausgeht. Auch wenn man sich als User nicht identifizieren muss, ist man bei der Nutzung nicht anonym: Geräte-Identifikationsnummern und Werbe-IDs, zum Beispiel von Google oder Apple, werden gespeichert und anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt. Neben Facebook ist eine der Partnerfirmen von TikTok der dienst Appsflyer. Appsflyer zählt mehr als 4.500 potentielle Partnerfirmen auf, an die Daten für Werbekampagnen verkauft werden können.

Dieses Geschäftsmodell wird von Kritiker/innen auch als „People Farming“ bezeichnet: Die User werden mit allerlei Tricks möglichst lange auf der Plattform gehalten, wo sie das Publikum für Werbeeinspielungen bilden. Gleichzeitig werden ihre Nutzungsdaten wiederum an die Werbewirtschaft verkauft. TikTok folgt damit nicht so sehr der Überwachungsdoktrin der kommunistisch regierten Volksrepublik China als vielmehr allzu westlichen Verwertungsstrategien. Auch die Süddeutsche schreibt dazu:

„Die Analyse der Datenströme zeigt, dass Tiktok in seiner Logik kein Überwachungsnetzwerk aus dem kommunistischen Politbüro ist, sondern einem sehr westlichen, kapitalistischen Konzept folgt“.

Dennoch soll die US-Regierung aktuell prüfen, ob es auch einen Einfluss der chinesischen Regierung auf die Nutzerdaten von TikTok gebe.

Was man gegen die TikTok-Überwachung tun kann

Die Süddeutsche Zeitung rät, grundsätzlich jede App vor der Installation auf eingebaute Tracker zu überprüfen. Hierzu erstellt die französische Datenschutz-NGO Exodus Privacy Reportes, die man auf deren Website (exodus-privacy.eu.org) abrufen kann. Außerdem gibt es auch für Smartphones sogenannte Firewalls. Mit solchen Schutzprogrammen lässt sich der Datenverkehr des eigenen Smartphones kontrollieren und Drittanbieter-Verbindungen blockieren. Fürs iPhone kann man hierfür die App Lockdown nutzen, für Android-Smartphones gibt es die App Netguard. Man kann sein Smartphone auch komplett trackingfrei machen: Dazu muss ein cleanes Android-Betriebssystem (also ohne Google-Apps und ohne Werbe-ID) aufgespielt werden. Beliebt ist hier beispielsweise das Smartphone-System Lineage OS. Apps für dieses Betriebssystem kann man etwas aus dem freien App-Store F-Droid laden.

Links:

Netzpolitik.org: TikToks Obergrenze für Behinderungen

Süddeutsche: Wie TikTok seine Nutzer überwacht

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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