Wenn Focus sich von DSDS „veräppelt“ fühlt

(Foto: AleXXw/Wikimedia)

DSDS muss man nicht gucken. Man muss auch nicht darüber schreiben. Focus Online tut es trotzdem: Mit niederschmetterndem Ergebnis.

Die bemitleidenswerten Redakteur*innen von Online-Saftpressen wie Focus.de haben es nicht leicht: Ständig müssen sie das Fernsehprogramm scannen und dann daraus Artikel für Leute machen, die von dem bewegten Nichts der visionslosen Television nicht genug bekommen können.

Da wäre es doch eine deutlich Arbeitserleichterung, wenn man nur die Programmtrailer von RTL, Pro7 & Co. gucken und verschriftlichen müsste. Aber hier lauern für den unkreativen Online-Journalisten immense Gefahren:

“Mit Trailern ist das ja immer so eine Sache. Da wird oft mehr versprochen, als letztlich gehalten wird. Während bei Kinotrailern aber alle Highlightszenen doch zumindest im beworbenen Film vorkommen, so war der DSDS-Vorfilm zu Beginn der Sendung schlicht eine Mogelpackung“.

Man kann sich natürlich, wenn man halbwegs bei Trost ist, fragen, wie sinnvoll es ist, überhaupt eine Schriftfassung von solchen TV-Erzeugnissen wie „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) herzustellen. Man kann es auch für eine Strafe halten, die komplette Folge dieses RTL-Produkts ansehen zu müssen, nur um es hinterher auf Focus Online in einer Sprache und in einem Duktus nachzuplappern, die man einem Neuntklässler im Deutschunterricht nicht durchgehen lassen würde. Was aber hat nun den Ärger des oder der Autorin in diesem aus verständlichen Gründen nicht namentlich gekennzeichneten Beitrag erregt:

„Blitz und Donner, sich streitende Kandidaten, erboste Juroren, Flutwellen am Strand, Notarztwagen, Abbruch der Dreharbeiten – das alles wurde mit dem passenden, unheilvollen Text (‚Die Nerven liegen blank!‘) angeteasert. Und kam nicht vor. Null. Nada. Nix davon“.

Das ist natürlich schon bedauerlich. Da wartet ein Schreiber auf Streit, Naturkatastrophen, Notarzteinsätze — und nichts davon findet im Fernsehen statt. Nichts! Man könnte mutmaßen, wenn nichts passiert ist, dann schreibt und veröffentlicht man eben auch nichts. Nicht so Focus Online. Da wird in trübseligster Sextaner-Prosa das eigene intellektuelle Delirium in unzeitgemäße Worte gebosselt:

„Abgesehen davon, dass man sich als Dauer-Fan durchaus auf die kommenden Episoden freuen darf, war der Teaser schon ein herber Kontrast zum ‚Friede, Freude, Eierkuchen‘-Feeling, das die Kandidaten in Südafrika verströmten. Nicht mal richtige Alkoholgelage gab es!“

Ja, einen Schnaps könnte man schon gebrauchen, wenn man Focus Online liest. Ach, wie? Was liest man da? Focus hat das noch nicht mal selbst verzapft, sondern einfach nur per copy&paste vom Anbieter „Teleschau“ übernommen? So jedenfalls steht es im grauschattiert Kleingedruckten über der Artikelseite:

Der Mediendienst „Teleschau“ wirbt auf der eigenen Website mit dem Claim „Hochwertige Inhalte seit 1968“. Was aber an diesem DSDS-Beitrag hochwertig sein soll und warum um Himmels willen Focus Online ihn auf der eigenen Seite eingebunden hat, davon kann wahrscheinlich nur Dieter Bohlen ein Lied singen.

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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