Soziale Netzwerke: Hasskriminalität wird stärker geahndet

(Foto: Andre Hunter/unsplash)

Hassbotschaften, die sich über Social Media ausbreiten, sollen künftig deutlich stärker bestraft werden. Das sieht ein Gesetzentwurf vor, der gerade im Bundeskabinett beraten wird.

Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter & Co. sollen künftig bestimmte Posts sofort dem Bundeskriminalamt (BKA) melden. Dabei geht es etwa um Neonazi-Propaganda, die Vorbereitung von Terrortaten, Volksverhetzung, Gewaltdarstellungen, aber auch um die Billigung von Straftaten, Mord- und Vergewaltigungsdrohungen und die Verbreitung von Aufnahmen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs. Aktuell müssen die Anbieter solche Inhalte lediglich  löschen, aber nicht zur Anzeige bringen.

Strafverschärfend: Antisemitismus

Mit der Gesetzesänderung wird der Katalog von Straftaten deutlich erweitert: Wer anderen Körperverletzung und sexuelle Übergriffe androht oder ankündigt, etwa das Auto des anderen anzuzünden, begeht nach dem Gesetzentwurf künftig eine Straftat. Bisher galt dies nur bei Morddrohungen. Für entsprechende Äußerungen im Netz soll es Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren, bei Mord- oder Vergewaltigungsdrohungen sogar von bis zu drei Jahren geben. Beleidigungen im Netz sollen ebenfalls mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Besonders kritisch sieht der Gesetzgeber, wenn es für eine Tat antisemitische Motive gibt. Das soll künftig strafverschärfend wirken. Die Änderung ist eine Reaktion auf den Anschlag von Halle, aber auch auf den enormen Anstieg antisemitischer Straftaten. Seit 2013 nahmen diese um 40 Prozent zu, wie das Justizministerium bekannt gemacht hat.

Beim BKA soll extra eine neue Stelle eingerichtet werden, die Inhalte und IP-Adressen künftig sammeln. Plattformen, die den genannten Pflichten nicht nachkommen, müssen sich auf Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro gefasst machen. Nicht von der Meldepflicht erfasst sind Beleidigungen, üble Nachrede und Verleumdung – hier sollen Betroffene wie bisher selbst entscheiden können, ob er oder sie handeln will.

(Foto: Alex IBM/unsplash)

Besonderer Schutz für Kommunalpolitiker, Journalisten und Ehrenamtler

Kommunalpolitiker fallen künftig unter den besonderen Schutz des Paragrafen 188 des Strafgesetzbuches. Der schützt bisher eine „im politischen Leben des Volkes stehende Person“ vor übler Nachrede und Verleumdung. Bislang wurde er aber vor allem bei Bundes- und Landespolitikern angwendet.

Politiker, Ehrenamtler oder Journalisten sollen endlich leichter eine Auskunftssperre für ihre Daten im Melderegister erwirken können. Momentan kann jeder den vollen Namen und die Anschrift anderer erfragen. Wenn es ein „berechtigtes Interesse“ gibt, sind sogar weitere Auskünfte unter anderem zum Familienstand, Anschrift des Partners oder zu Staatsangehörigkeiten möglich. Auskunftssperren kann man zwar heute schon beantragen, aber nur in besonderen Fällen. Im Bundesmeldegesetz ist eine Sperrung nur vorgesehen, wenn es Grund zur Annahme gibt, „dass der betroffenen oder einer anderen Person durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“. Die Hürden für eine zweijährige Sperre sollen nun sinken. Neben Gefahr für Leben oder Gesundheit soll nun auch „vor Bedrohungen, Beleidigungen sowie unbefugten Nachstellungen“ geschützt werden. Ausdrücklich werden Personen genannt, die aufgrund ihrer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit verstärkt Anfeindungen ausgesetzt sind.
 

Kritik von der Opposition

Die Grünen verlangen bereits vor der Behandlung des Gesetzespakets im Kabinett Nachbesserungen. „Die konkreten Regelungsvorschläge der Bundesregierung sind an zu vielen Stellen nur gut gemeint, aber nicht gut gemacht“, sagte Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic.

Mihalic hat vor allem die Befürchtung, dass die neue Zentralstelle beim BKA schnell überlastet sein könnte. Wenn diese neue Stelle nicht chronisch überlastet sein soll, „müssen wir sehr genau festlegen, welche Vorgänge und mutmaßlichen Straftatbestände übermittelt werden müssen“, sagte Mihalic. Zudem müsse der weitere Weg der Ermittlungen an Landeskriminalämter und Staatsanwaltschaften klar beschrieben werden. Das BKA sei kaum in der Lage, eine Flut von Eingaben abschließend zu behandeln.

Uneinheitliches Medienecho

Die Medien berichten recht uneinheitlich über das geplante neue Gesetz. Während der MDR von einer „Entschärfung“ des Gesetzentwurfs gegen Hasskrimininalität schreibt, mutmaßt der Deutschlandfunk, dass das geplante Gesetz eigentlich eine „Verschärfung“ darstelle. Der Verband der Digitalwirtschaft Bitkom kritisiert das Gesetzesvorlagen. Auch wenn Rechtsextremismus und Hasskriminalität keinen Platz in der Gesellschaft haben dürften, schieße das vom Bundeskabinett beschlossene Gesetz über dieses Ziel weit hinaus, sagte dessen Geschäftsführer Bernhard Rohleder.

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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