Gute Nachrichten: Bild macht Schlagzeilen

Foto: Christian Alexander Tietgen https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Gute Nachrichten aus dem Axel Springer-Verlag: Die Bildzeitung macht Schlagzeilen, über sich selbst. Mehrere hundert Stellen sollen gestrichen, sechs der 18 Regionalausgaben von „Bild“ eingestellt werden.

In einer ellenlangen E-Mail und einer nachfolgenden Mitarbeiterversammlung hat der Springer-Verlag angekündigt, dass bei den Tageszeitungen Bild und Welt an die 200 Stellen gestrichen werden sollen. Auch wenn die Journalistengewerkschaften jetzt reflexartig maulen, muss man doch festhalten: Nur ein entlassener Bild-Redakteur ist ein guter Bild-Redakteur. Die Bild-Zeitung verbreitet Hass und Häme, betreibt Desinformation und spielt den reaktionärsten politischen Kräften im Lande in die Hände. Je weniger „Bild“, desto besser fürs Land. 

Kein Blatt in Deutschland hat so viel Auflage verloren wie die Bild-Zeitung. Von ehedem. 5 Mio. verkauften Exemplaren ist man heute bei zirka 1 Mio. gelandet — der Auflagenverlust der „Bild“ ist damit größer als die gesamte Auflage aller anderen überregionalen Qualitätszeitungen zusammen. Kein Wunder, dass Verlagschef Döpfner nun als Allheilmittel „digital only“ verkündet. Doch eine wirkliche Lösung ist das gerade für den Springer-Verlag nicht. Denn Trash, Junk News und Boulevard können im Netz auch andere: noch fieser, noch gemeiner und noch schlechter geschrieben. Und das Self-Publishing jener High-Society-People, die der euphemistisch „People-Journalismus“ getaufte Gossenjournalismus so gerne abbildet, nimmt den Online-Verbreitungschancen von Klatsch und Tratsch zusätzlich den Wind aus den Segeln: Die Nacherzählung von Postings, die man selbst auch nur auf Instagram gelesen und abgeschrieben hat, wird auf Dauer nicht als tragfähiges wirtschaftliches Modell durchgehen.

Außerdem werden sechs Regionalteile gestrichen und auf eine Seite plus einer weiteren Seite regionaler Sport gekürzt. So sollen die Lokalausgaben der „Bild“ von Köln und Düsseldorf zu einem „Rheinland“-Teil zusammengefasst werden. Allerdings will der Kölner partout nichts über Fortuna Düsseldorf lesen, und der Düsseldorfer interessiert sich naturgemäß nicht so sehr für den 1. FC Köln. Das scheint also auch nur eine Totgeburt zu sein, die den Auflagenabsturz nur weiter beschleunigen wird.

Kurios auch Döpfners Ausführungen zur Entlassungswelle in seinem Verlag:

“Wir müssen uns damit leider auch von Kollegen trennen, die Aufgaben haben, die in der digitalen Welt durch KI und/oder Prozesse ersetzt werden oder sich in dieser neuen Aufstellung mit ihren derzeitigen Fähigkeiten nicht wiederfinden“.

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Bild-Zeitung wird das Vorhandensein von Intelligenz in dem Boulevardblatt um 100 Prozent anheben. Allerdings sitzt der Springer-Chef hier dennoch einem medienhistorischen Irrtum auf: Dass das Zustandekommen von „Bild“ nämlich überhaupt etwas mit Intelligenz zu tun habe, egal ob künstlicher oder anderer. Im Gegenteil, würde der Verlag sich seinem Gossenprodukt mit Intelligenz jedweder Art nähern, würde überschnell die Einsicht keimen, dass die Bild-Zeitung nur durch die Komplett-Einstellung des Geschäftsbetriebs zu retten wäre.

Wie wenig der Springer-Verlag nicht nur von Journalismus, sondern auch von strategischer Kommunikation versteht, darauf hat die Süddeutsche Zeitung nicht ganz ohne Schadenfreude hingewiesen:

„Manche ziehen ein Pflaster mit einem Ruck ab, um den Schmerz möglichst kurz zu halten. Andere knibbeln vorsichtig an den Enden. Bei Axel Springerwirkt es, als habe man sich in der Unternehmenskommunikation dafür entschieden, den Klebestreifen in Zeitlupe tief durch die frische Wunde zu ziehen“.

Die Wunde ist noch frisch. Aber sie wird nicht kleiner, sie wird noch größer werden. Für Springer eine schlechte, für alle anderen eine gute Nachricht.

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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