
Der Streit zwischen der weltweit größten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt BBC und US-Präsident Trump eskaliert. Nachdem bereits der Direktor und die Nachrichtenchefin des britischen Senders zurückgetreten sind, will Trump die BBC nun mit einer teuren Klage überziehen. Was war eigentlich geschehen? Die ARD-Tagesschau fasst den Skandal um die Sendung „Panorama“ so zusammen:
„In einer Folge der BBC-Sendung wurden drei Zitate aus zwei Abschnitten der Rede zusammengefügt, die in der ursprünglichen Ansprache im Abstand von fast einer Stunde gefallen waren. Durch den Zusammenschnitt wirkte es so, als handele es sich um ein einziges Zitat. Rausgeschnitten wurde unter anderem ein Teil, in dem Trump sagte, dass er wolle, dass seine Anhänger friedlich demonstrieren.“
Stattdessen sei durch den Zusammenschnitt der Eindruck evoziert worden, Donald Trump hätte direkt zum Sturm auf das Washingtoner Kapitol aufgerufen.
Kann man der BBC überhaupt ein journalistisches Fehlverhalten vorwerfen? Radio Eriwan würde darauf antworten: Ja und nein. Was die BBC in ihrem Politikmagazin gemacht hat, ist nur das, was der Fernsehjournalismus, auch in Deutschland, mit Politikerinterviews ständig macht. Es ist die Regel und nicht die Ausnahme, dass oft lange Interviewstrecken gerade für Magazinsendungen oder auch für die Nachrichten extrem stark gekürzt werden. Und immer wieder gibt es Beschwerden von Politikerinnen und Politikern, dass diese Kürzungen und Zusammenschnitte sinnentstellend seien. Das ist einer der Gründe, warum viele Menschen aus der Politik (und nicht nur dort) kein Interesse mehr daran haben, noch TV-Interviews zu geben. Viel lieber gehen sie dann in die Polit-Talkshows, denn da haben sie aufgrund der Live-Situation mehr Kontrolle über ihre Äußerungsakte.
Im gedruckten Interview stellt sich das Problem so nicht. Denn hier herrscht – jedenfalls in Deutschland – die Praxis der „Autorisierung“. Nach der Verschriftlichung der Interviews bekommen die Gesprächspartner diese Schriftfassung noch einmal zur Überprüfung vorgelegt. Hier ist dann häufiger das Problem, dass im Zuge dieser Überprüfung manchmal weite Teile des Interviews um- und neugeschrieben werden. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat es sogar fertiggebracht, nicht nur seine Antworten, sondern auch die Fragen der Journalist:innen umzudichten.
Immerhin muss man zur Ehrenrettung von BBC und Panorama konstatieren: Trump hat ja seine Äußerungen wirklich getan. Dass sich, wenn man getrennte Äußerungen nebeneinander stellt, interessante neue Sinn-Konstellationen ergeben, ist nicht nur dem TV-Sender, sondern eben auch dem Redner selbst geschuldet. Ein unaufmerksamer Zuhörer der Rede in Washington, der vielleicht bestimmte besänftigende Äußerungen Trumps nicht verstanden hat, könnte ebenso gut den gleichen Redesinn extrapoliert haben. Und dass dies geschehen ist, zeigen die wirklichen Ereignisse beim Sturm des Kapitols durch einen aufgeheizten Mob.
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