Facebooks neues Screendesign

(Foto: Gerd Altmann/Pixabay)

FB5 heißt das neue Screendesign von Facebook, das seit einigen Tagen in Deutschland ausgerollt wird. In diesem Beitrag sehen wir es uns näher an.

Weiß, überall weiß sieht man, wenn man in diesen Tagen Facebook aufruft. Das soziale Netzwerk hat sein Screendesign komplett überarbeitet und weiß ist nun die bestimmende Grundfarbe. Nun ist Weißfläche auch nicht mehr der allerneueste Schrei im Screendesign. Die Süddeutsche hat es schon vor fünf Jahren vorgemacht, und auch Twitter firmiert schon seit geraumer Weile unter dem Weißdiktat.

Lebe wohl, Facebook-Blau

Das Facebook-Blau, Farbcode #3b5998, gilt als „die am weitesten verbreitete Farbe des Internets“. Zu dieser Grundfarbe soll es gekommen sein, weil Facebook-Gründer Mark Zuckerberg farbenblind sein soll und Blau diejenige Farbe sei, von der er die meisten Schattierungen erkennen könne. Die Startseite von Facebook dürfte damit nach Ansicht des Jugendportals Jetzt! 

„- Achtung, großer Superlativ! – das meistgesehene Bild in der Geschichte der Menschheit sein. Wer jetzt kurz schlucken musste, kann ja mal nachrechnen: 1,23 Milliarden Menschen sind dort zur Zeit registriert. Die Mona Lisa, die gemeinhin als das bekannteste Gemälde der Welt gilt, sehen im Jahr etwa neun Millionen Menschen im Louvre. Ein Witz im Vergleich zu den 757 Millionen, die täglich Facebook nutzen, jeder davon im Schnitt 8,3 Stunden im Monat“.

Facebooks Screendesign als „in die Jahre gekommen“ zu bezeichnen, dürfte eine schon ins Ironische gewendete Untertreibung sein. Irgendwie sah das Soziale Netzwerk selbst 16 Jahre nach seiner Gründung immer noch aus wie Anfang der 2000er-Jahre. Man muss konstatieren, dass bei aller technologischen Überlegenheit Designfragen bei US-amerikanischen Technologiekonzernen nicht immer im Vordergrund zu stehen scheinen. Auch Onlineportale wie Craigslist oder Reddit konnten vielleicht auch deswegen auf dem deutschen und europäischen Onlinemarkt nie so recht reüssieren, weil sie immer noch aussehen wie aus den Anfangstagen des Internets (auch wenn Reddit mittlerweile nachgebessert hat). „Form follows function“ scheint da die Software-Ingenieurs-Weisheit zu sein. Aber das gilt in einem Massenmarkt nur noch bedingt. Denn die Funktionalität hat auch mit der Form ihrer Präsentation zu tun. Das hat man mittlerweile offenbar auch bei Facebook verstanden und will nachbessern.

FB5 – Das ist neu im Screendesign

Facebook will mit dem Redesign die private Konversation noch stärker in den Mittelpunkt der Aktivitäten stellen. Das ist erst einmal nicht so gut für den Journalismus.online, der eine durchaus nennenswerte Reicheweite mit seinen Postings auf Facebook erzielt. Schon 2017 hatte Facebook ja seinen Algorithmus so verändert, dass private Meldungen im Newsfeed den Vorzug vor professionellen Verlautbarungen bekamen.

Neben der privaten Kommunikation sollen vor allem Gruppen-Aktivitäten stärker gefördert werden. Entsprechend bekommen Facebook-Gruppen eine sehr hohe Aufmerksamkeit, hier zeigen sich auch die auffälligsten Design-Änderungen. Grundsätzlich rückt Facebook damit von einem Grundprinzip ab, das mehr als 10 Jahre schon beinahe das Dogma des Netzwerks bildete, nämlich dass der individualisierte Newsfeed das wesentliche soziale Geschehen abbilden solle:

„Unser neues Design FB5 ist einfacher, schneller, immersiver und rückt Gruppen in den Mittelpunkt. Insgesamt wird es ab sofort noch einfacher sein, genau die Dinge zu finden, die man sucht, und auf seine meistgenutzten Funktionen zuzugreifen“.

Die Änderungen, die die Startseite von Facebook erfahren hat, sind nicht nur optischer Natur. Auch in die Bedienung und damit in die „Usability“ wurde durchaus essentiell eingegriffen:

  • Der Header enthält nun die wesentlichen Bedienelemente inkl. des Zugriffs auf die eigene Profilseite. Hinter dem Dreieck ganz rechts im Header versteckt sich das Menü mit den weiteren Einstellungen.
  • Facebook Watch, die Facebook-Seiten, der Messenger und der Marketplace (den eigentlich niemand braucht) sind ebenfalls mit hellen Icons im Header untergebracht.
  • Die Seitenleiste wurde aufgeräumt und entschlackt.
  • Die „Stories“ sind noch etwas größer als zentrale Zeile über dem Feed postiert. Dieses von Snapshat und Instagram abgekupferte Feature könnte für meinen Geschmack ganz gestrichen werden, erfreut sich aber offenbar einer gewissen Beliebtheit.
  • Dafür wirkt der Publisher, mit dem man eigene Postings verfasst, noch unauffälliger: Dem eigenen Posting wird offenbar keine überbordende Funktion mehr beigemessen – nach der 90:9:1-Regel verfassen ja die wenigsten Nutzer sozialer Netzwerke eigene Postings. Die meisten belassen es dabei, die Postings anderer zu kommentieren.

Die mobile Facebook-App hatte die Design-Änderungen schon vor einer Weile durchgeführt. Das Desktop-Facebook zieht jetzt nach und passt sich im Grunde der mobilen Nutzung an.

Facebook-Gruppen bieten jetzt Übersicht

Am meisten hat sich im Design bei den Gruppen getan. Mit dem „Entdecken“-Button auf der linken Seitenleiste erhält man eine Ansicht mit Vorschlägen neuer Gruppen und einer Übersicht über die bereits abonnierten Gruppen. Außerdem gibt es neue Möglichkeiten des Gruppenchats, anonyme Post und die Möglichkeit, die Job-Funktion auch in Gruppen zu verwenden.

Die einschneidendste Änderung aber ist wohl, dass es neuerdings einen zweiten Feed gibt, der nur Inhalte aus den eigenen Gruppen enthält. Hier hat der Nutzer also über die Auswahl jener Gruppen, denen er folgt, die Möglichkeit, auch aktiv die Inhalte des Feeds zu beeinflussen. Ungewünschte politische Beeinflussung, Cybermobbing und Fake-News können damit auch künftig auf Facebook nicht ausgeschlossen, aber ihre Zahl doch verringert werden. Andererseits müssen die Nutzer jetzt zwei verschiedene Feeds checken. Es ist fraglich, wie sinnvoll das eigentlich ist und ob am Ende einer der beiden Feeds nicht den anderen verdrängen wird. Das hängt natürlich auch vom individuellen Kommunikationsverhalten ab: Wer sehr viel in Gruppen unterwegs ist (was Facebook fördern will), der wird vielleicht künftig eher den Gruppen-Feed bemühen.

Andere Features wie der „Dark Mode“, der das Bildschirm-Weiß invertiert, scheinen mir eher Spielerei zu sein. Bei Facebook Watch, wenn man sich also über das Netzwerk Videos ansieht, ist der Dunkel-Modus die Standardansicht.

Wem das neue Design nicht gefällt, dem gewährt Facebook die Möglichkeit, auch zur alten Ansicht zurückzukehren. Allerdings wird diese Hintertür erfahrungsgemäß irgendwann abgeschaltet werden.

Über Medienhektor 99 Artikel
Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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