Journalismus als 450-Euro-Job

 Für seine „Rheinische Redaktionsgemeinschaft“ (RRG) sucht der DuMont-Verlag Redakteure am Regio-Desk auf 450-Euro-Basis. Für diesen Minijob möchte man laut der Stellenanzeige, die am vergangenen Wochenende im verlagseigenen Kölner Stadt-Anzeiger erschienen ist, Bewerber mit „abgeschlossenem Studium, Volontariat sowie mehrjähriger journalistischer Erfahrung“.

Die Rheinische Redaktionsgemeinschaft produziert für den Kölner Stadt-Anzeiger und für die Kölnische Rundschau die lokaljournalistischen Inhalte vor allem für die diversen Regionalausgaben der beiden Blätter. Dass es sich dabei um hochwertige und auch aufwändige journalistische Arbeit handelt, dokumentiert auch der DuMont-Verlag in seiner Stellenanzeige durch das anspruchsvolle Bewerberprofil. Für einen solch wichtigen Job Journalisten auf Minijob-Basis zu suchen, ist buchstäblich ein Armutszeugnis.

Für die angestellten Redakteure der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft gilt wie auch für viele anderen Kollegen von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau der Gehaltstarifvertrag, den die Journalistengewerkschaft mit den Verlegerverbänden ausgehandelt hat. Danach hat ein einfacher Redakteur mit mehrjähriger Berufserfahrung mindestens 3.775 Euro im Monat zu verdienen. Übernimmt ein Redakteur besondere Aufgaben, kann das Tarifgehalt auf bis zu 6.047 Euro ansteigen. Umgerechnet auf Minijob-Basis dürfte der von DuMont gesuchte Redakteur laut Tarif zwischen rund 12 und 19 Stunden im Monat arbeiten, das heißt täglich etwa eine halbe bis maximal eine Stunde am Regiodesk der RRG verbringen. Offenbar stellt der DuMont -Verlag sich vor, dass jetzt das Clickworkertum auch im Tageszeitungsjournalismus Einzug hält“.

Durch Outsourcing und die Gründung immer neuer Tochtergesellschaften, die redaktionelle Tätigkeiten für das Mutterhaus übernehmen, betreibt nicht nur der DuMont-Verlag in Nordrhein-Westfalen schon seit langem Tarifflucht. Die Online-Redakteure sind schon längst in eine Tochterfirma ausgelagert und werden dort weit unter Tarif bezahlt. Der Herausgeber des Kölner Stadt-Anzeigers, Christian DuMont Schütte, ist zugleich stellvertrender Bundesvorsitzender des Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Dieser Verband handelt die gültigen Tarifverträge mit aus und vergibt mit dem Theodor-Wolf-Preis einen Journalistenpreis für „herausragende Beiträge“. Wie in Zukunft ein herausragender Journalismus produziert werden soll, wenn die eigenen Tarifverträge unterlaufen und redaktionelle Tätigkeiten zu Hilfsjobs auf 450-Euro-Basis degradiert werden, bleibt äußerst fraglich.

Der DuMont-Verlag hat unlängst deutlich gemacht, dass er auf journalistische Tätigkeit keine Lust mehr hat, und möchte seine Zeitungstitel gerne verkaufen. Offenbar soll der mögliche Kaufpreis dadurch in die Höhe getrieben werden, dass die Redakteursgehälter in den Keller gehen. Der Journalismus erfüllt eine durch das Grundgesetz geschützte öffentliche Aufgabe. Vielleicht sollte man dem DuMont-Verlag diese Verantwortung noch einmal ins Bewusstsein rufen, damit die Kollegen auch in der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft so auskömmlich verdienen, dass sie diese Aufgabe erfüllen können.

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Hektor Haarkötter, Prof. Dr., lehrt Kommunikationswissenschaft mit Schwerpunkt polit. Kommunikation an der Hochschule Bonn Rhein-Sieg.

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