Auf der Onlineplattform Twitter wird es künftig keine politischen Werbeanzeigen mehr geben. Das kündigte Twitter-Gründer Jack Dorsey in einem Tweet an. Politische Wahlwerbung sollte sich demnach nicht nur aufgrund von Geldzahlungen verbreiten.
„Wir haben entschieden, weltweit alle politischen Werbeanzeigen auf Twitter zu stoppen“, begann Dorsey seine Tweet-Reihe. „Wir glauben, die Reichweite politischer Botschaften sollte verdient, nicht gekauft werden.“
Als Gründe für diese Entscheidung nennt Dorsey, eine politische Botschaft verdiene Reichweite, wenn Menschen sich entschieden, einem Account zu folgen oder ihn zu retweeten. Für Reichweite zu zahlen, nehme die Entscheidung weg und zwinge Menschen hochoptimierte und zielgerichtete politische Botschaften auf. „Wir glauben, diese Entscheidung sollte nicht durch Geld gefährdet werden“, so der Twitter-Gründer Dorsey.
Die Entscheidung von Twitter, auf Wahlwerbung zu verzichten, steht im Zusammenhang mit einer in den USA geführten Diskussion, in der Facebook dafür kritisiert wird, gegen Geld jede politische Botschaft zu zeigen, auch wenn sie nachweislich auf Fakes und Lügen basiert. Interessant ist in dem Kontext auch eine Studie von Forschern der Uni Chicago: In einem repräsentativen Feldexperiment gingen Forscher des Nationalen Meinungsforschungszentrums (NORC – National Opinion Research Center) der Frage nach, ob in den sozialen Medien die Quelle einer Nachricht oder derjenige, der sie verbreitet und empfiehlt, den größeren Einfluss auf die Glaubwürdigkeit der Nachricht habe. Das Ergebnis: Die Vertrauenswürdigkeit der Quelle einer Nachricht tritt in den sozialen Medien fast vollständig hinter das Vertrauen in die Person zurück, welche die Nachricht geteilt hat oder empfiehlt.
Über die Praxis und die Regelungen zu politischer Wahlwerbung müsste auch in Deutschland grundsätzlich neu nachgedacht werden. So müssen Fernsehsender den politischen Parteien in Wahlkampfzeiten Sendezeit für Wahlwerbespots zur Verfügung stellen, Privatsender dürfen dafür nur die effektiven Kosten in Rechnung stellen, die Öffentlich-Rechtlichen müssen die Spots sogar kostenlos ausstrahlen. Allerdings nutzen politische Parteien heute vielfältige andere Kanäle, um direkt mit den Wähler*innen zu kommunizieren. Es fragt sich darum, ob dieses Privileg noch zeitgemäß ist — das zumal, da gerade Splitter- und Spaßparteien diese Sendezeit schon zweckentfremdet und damit die ganze Regelung ad absurdum geführt haben.
Links:
Studie: Who shared it? (Uni Chicago)
Tagesspiegel: Twitter beschließt Aus für politische Anzeigen
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